Es gibt Kaninchenhalter, die sprechen liebevoll von ihren “Hasis”. Oder sie nennen das Außengehege “Hasienda”. Natürlich ist jedem bewusst, dass es dabei um Hauskaninchen geht. Niemand, der das hört, denkt an die Feldhasen, die wir mit etwas Glück in Wald und Flur zu Gesicht bekommen.
Doch was sind eigentlich die Unterschiede zwischen Hasen und Kaninchen? Sind sie überhaupt miteinander verwandt? Sind Feldhasen vielleicht nur etwas größere, wild lebende Kaninchen? Der folgende Artikel liefert Antworten auf diese Fragen.
Hasenartige
Erst einmal ist die Vermutung, dass Feldhasen und Kaninchen miteinander verwandt sind, natürlich richtig. Zu groß sind die Ähnlichkeiten im Aussehen. Beide gehören zur Gruppe der sogenannten Hasenartigen.
Hasen und Kaninchen sind fast auf der ganzen Welt beheimatet. Vom Schneehasen, der u.a. in den entlegensten Regionen Sibiriens lebt, bis zum Buschhasen, der vor allem in Südafrika zu finden ist. Dem Mensch sei Dank leben Hasen und Kaninchen auch in Erdteilen wie Südamerika, Australien oder Ozeanien. In Australien gibt es aufgrund fehlender Fressfeinde seit 160 Jahren immer wieder regelrechte Kaninchenplagen.
Sie nagen gerne – aber sie sind keine Nagetiere
Wenn von Hasen oder Kaninchen die Rede ist, fällt oft der Begriff “Nager”. So falsch ist das eigentlich auch nicht. Jeder Kaninchenhalter kann dazu seine Geschichten erzählen. Holzplanken, Stromkabel, Baum- und Buschrinden, Kabelbinder usw. Es gibt einfach nichts, was vor den nagewütigen Langohren sicher ist.
Trotzdem gehören sie biologisch gesehen nicht zur Familie der Nagetiere wie bspw. Mäuse, Ratten, Hamster, Eichhörnchen oder Biber. Um zu erkennen, welches Tier zu den Nagern gehört, gibt es übrigens einen ganz einfachen Trick. Nur Nager können Gegenstände oder Futter zwischen ihre Vorderpfoten nehmen, um quasi “mit den Händen zu essen”. Man denke hier an die Maus mit der Haselnuss. Hasen oder Kaninchen können das nicht.
Unterschiede von Geburt an
Einer der auffälligsten Unterschiede zwischen Hasen und Kaninchen ist schon kurz nach dem Wurf ersichtlich. Feldhasen sind sogenannte Nestflüchter. Sie werden mit Fell und geöffneten Augen geboren und sind – so unbeholfen es am Anfang auch aussehen mag – sofort startklar, um die Welt zu erkunden. Die Häsin lässt ihren Nachwuchs auch schnell alleine.
Kaninchenbabys dagegen kommen unterirdisch im Schutz des Kaninchenbaus zur Welt. Sie sind nackt, blind, taub und damit völlig hilflos. Ohne die Nestwärme würden sie schnell sterben. Im Gegensatz zu den Feldhasenbabys bezeichnet man sie deshalb als sogenannte Nesthocker.
Außerdem ist auch die Größe des Wurfs unterschiedlich. Bei Feldhasen kann es 1 bis 3 Junge geben, in seltenen Fällen bis zu 5. Bei Kaninchen sind es dagegen mindestens 5. In großen Würfen sind es sogar bis zu 9 Neugeborene.
Sozialverhalten
Ein weiterer ganz entscheidender Unterschied zwischen Hasen und Kaninchen ist die Form des Zusammenlebens. Kaninchen leben in Rudeln zusammen. Wildkaninchenrudel zählen mindestens 10 Mitglieder. Nicht selten sind es aber mehr. Es gibt eine ganz klare Hierarchie innerhalb der Gruppe mit Leittieren und solchen, die sich unterordnen.
Dagegen sind Hasen Einzelgänger. Sie finden sich nur zu den Paarungszeiten zusammen. In fulminanten Verfolgungsjagden wird dann um die Gunst der Weibchen gebuhlt. Wer Glück hat, kann früh morgens im April Zeuge einer solchen Hasenhochzeit werden. Dabei kann es auch schon vorkommen, dass sich sowohl die Weibchen, als auch die Männchen auf die Hinterbeine stellen und ihrem Gegenüber ein paar saftige Ohrfeigen verpassen.
Körperbau
Kaninchen sind sowohl vom Körperbau als auch vom Gewicht her deutlich kleiner bzw. leichter. Besonders die Hinterläufe der Feldhasen sind kräftiger und länger als die der Kaninchen. Auch die Ohren der Feldhasen sind signifikant größer.
Dies wirkt sich u.a. auf die Höchstgeschwindigkeit der Tiere aus. Während Feldhasen ihre Verfolger mit bis zu 80 km/h fast schon stehen lassen, müssen Kaninchen mit einem Maximaltempo von 40 km/h ihre berühmten Haken schlagen, um Fressfeinden zu entkommen.
Zwar gibt es durchaus Kaninchenzüchtungen wie bspw. die deutschen Riesen, die es in puncto Gewicht und Größe mit den Feldhasen aufnehmen können. Aber der Agilität ihrer wilden Verwandten haben sie dennoch nichts entgegenzusetzen.
Die Nähe zum Menschen
Anders als die Wildkaninchen wurden die Feldhasen nie domestiziert. Durch ihre Eigenschaft als Einzelgänger eignen sie sich auch überhaupt nicht für die Heimtierhaltung. Da überrascht nicht, dass sie als unzähmbar gelten.
Kaninchen dagegen passen durch ihre sozialen Strukturen und deutlich kleineren Territorien besser zum Menschen. Mit dem Aufkommen des Züchtens haben sich dann die vielen unterschiedlichen Kaninchenrassen entwickelt, wie wir sie heute kennen.
FAQ
Kann ich ein Feldhasenbaby aufnehmen und zähmen, wenn ich es in freier Natur finde?
Nein, das ist nicht möglich. Selbst, wenn es dir gelingt, das Hasenbaby mit der Flasche aufzuziehen, wird es sich nicht domestizieren lassen. Es ist daher ratsam, Findlinge bei einer Wildtierstation abzugeben. Sie werden dort aufgezogen und anschließend ausgewildert. Außerdem lassen Feldhasenmütter ihren Nachwuchs die meiste Zeit über allein. Da die Babys in Erdmulden vor sich hinkauern und sich nicht in Höhlen verstecken wie Kaninchen, kann auch fälschlicherweise der Eindruck entstehen, dass sie allein und hilflos sind.
Ähnliche Beiträge
Was fressen Kaninchen? Futterempfehlungen + Gemüseliste
Holländer Kaninchen: Futter, Steckbrief und die besten Tipps zur Haltung
Kaninchen Babys: Diese 5 Dinge musst du unbedingt beachten
Kaninchen Haltung: Diese 5 Dinge musst du unbedingt beachten